Kreis-Oldenburger-Eisenbahn (1880-1938)

Die Eröffnungsfeier der Eisenbahn Oldenburg - Heiligenhafen am 15. Januar 1898 - HP 19.1.1898

Un 11 Uhr 10 Minuten ertönte am Festzug auf dem Bahnhofe zu Oldenburg die Stimme des Schaffners: Richtung Göhl - Heringsdorf - Neukirchen - Lütjenbrode -Heiligenhafen. Einsteigen! Der Zug bestand aus 2 Lokomotiven, wovon eine bekränzt, 2 Salon- und 3 Personenwagen 1. und 2. Klasse; in den Salonwagen nahmen die Herren Vertreter der Regierung und die Mitglieder der Direktion der Kreis Oldenburger Eisenbahngesellschaft, in den letzteren die Gäste Platz.Unter Grüßen und Hochrufen seitens der anwesenden Bewohner von Oldenburg setzte sich der Zug in Bewegung. Ueberall an der Böschung waren reichlich Fahnen aufgepflanzt. Die erste Haltestelle war Oldenburg-Stadt. Sodann ging es weiterbis Göhl, wo etwa fünf Minuten Aufenthalt war. Der Bahnhof war ausgezeichnet geschmückt. Herr Lehrer Tonn hatte mit seinen Schülern hier Aufstellung genommen und brachte ein Hoch aus auf den  Herrn Oberpräsidenten von Möller. - Im Dorfe Rellin sah man eine Menge von Flaggen auf den Dächern der Häuser wehen. Auf einer Koppel dicht am Bahnkörper war auf Veranlassung des Herrn Gemeindevorstehers Micheel ein hübsch von Tannenzweigen eingefaßtes Transparent aufgestellt! mit folgender Inschrift: Vivat, crescat, floreat! (d. h. es lebe, es blühe, es gedeihe!) - In der Ferne sieht man das Dorf Klötzin liegen. Mit Volldampf ging es jetzt nach Heringsdorf, wo die Ausschmückung des Bahnhofs selbstverständlich nichts zu wünschen übrig ließ. Der Hof Satjewitz begrüßte den Zug durch drei Kanonenschüsse. Auch der Bahnhof Neukirchen war sehr schön geschmückt. Hoch oben auf dem Kirchturme des Dorfes sah man eine Fahne im Wind flattern. In Lütjenbrode hielt Herr Pastor Schlüter aus Großenbrode eine Ansprache. Der Herr Landrat dankte für den Empfang und brachte einen Toast auf unseren Kaiser aus. Hier hatte auch die Schülerkapelle aus Großenbrode Aufstellung genommen. Die Leistungen der Kleinen waren ganz vorzügliche, aufrichtig gesagt, es war Taft darin. Unter den Klängen: Muß i denn, muß i denn zc. dampfte der Zug weiter gen Heiligenhafen, unterwegs noch von Herrn Kujawsky und den Arbeitern der Firma IKnape durch die Steffen´sche Kapelle aus Oldenburg begrüßt. Auf dem Bahnhofe in Heiligenhafen wurde die Festgesellschaft von der Stadtvertretung, den Spitzen der Behörden und vielen anderen Herren in Empfang genommen. Der Herr Bürgermeisteer Schetelig begrüßte sie im Namen der Stadt als Boten des Glücks, die uns die Erfüllung unserer seit langen Jahren gehegten Wünsche brächten. - Herr Baurat Heydorn dankte für die Begrüßung.

Sodann nahm man auf der südlichen Seite des Bahnhofsgebäudes Aufstellung. Der Präsident der Eisenbahndirektion Altona, Herr Jungnickel, erklärte hier, daß der Betrieb der Bahn Oldenburg - Heiligenhafen am 17. Januar eröffnet werde; er hoffe, daß alle Wünsche und Erwartungen, welche man in Stadt und Land betreffs der Eisenbahn hege, in Erfüllung gehen und daß ferner die Bahn der Provinz Schleswig-Holstein zu Nutz´und Segen gereichen werde. Die Rede klang aus in ein Hoch auf den Kaiser, in das die sehr zahlreich anwesenden Einwohner hies. Stadt und Umgebung kräftig einstimmten. Zu bemerken ist noch, daß bei Ankunft des Zuges hier verschiedene Böllerschüsse losgelassen wurden.

Unter Vorangehen der Musikkapelle des Herrn Jürgens begab sich die Gesellschaft jetzt in die Stadt und zwar zunächst nach dem Gotteshause, wo Herr Propst Martens aus Neustadt eine ausgezeichnete Ansprache hielt. Seinen Worten legte er den Bibelspruch 1. Kolosser 3 V. 17: 

Und alles, was ihr thut mit Worten oder mit Werken, das thut alles in dem Namendes Herrn Jesu, und danket Gott und dem Vater durch ihn.

zu Grunde. Hernach Festmarsch durch die Stadt und den Stadtpark. Sodann begab man sich zum Diner nach Rehers Hotel. Hier wurden im Laufe des Nachmittags viele Reden, ernste und humoristische, gehalten. Zunächst sprach Herr Präsident Jungnickel, und zwar begann er seine Rede mit den Worten: Als im Jahre 1838 die erste deutsche Bahn nach Berlin fertig war, sagte König Wilhelm IV.: Dieser Karren, der durch die Welt rollt, kann von keinem Menschen aufgehalten werden. Nichts hat sich mehr bewahrheitet, als diese Worte, es sind seitdem viele Bahnen gebaut worden. Er führte sodann aus, daß auch unser jetziger Kaiser stets bestrebt sei, die Eisenbahnbauten zu fördern. Die Rede klang aus mit einem Hoch auf Kaiser Wilhelm II.

 Als nächster Redner nahm Baurat Heydorn das Wort. Als vor nunmehr 16 Jahren, am 28 September 1881, die Eröffnungsfeierder Eisenbahn Naustadt - Oldenburg stattgefunden, hätte man den Eisenbahnminister Maybach telegraphisch begrüßt. Die Antwort darauf lautete, daß es Wunsch des Ministers sei, die Eisenbahn nach Heiligenhafen auch möglichst bald ausgebaut zu sehen. Jetzt endlich hätte man die vielen Schwierigkeiten, welche sich bald hier, bald da zeigten, überwunden und die Bahn sei fertig. Vom 17. d. M. an in 5 Jahren sei auch die Bahn nach Fehmarn fertig zu stellen und er wolle das beste zum Gelingen wünschen. Redner brachte ein dreimaliges Hoch auf den Staatsminister von Thielen.

Geheimer Regierungsrat von Hennings aus Schleswig sagte, der Direktion der Kreis Oldenburger Eisenbahn sei es zu verdanken, daß die Bahn nach Heiligenhafen gebaut worden, speziell dem Herrn Baurat Heydorn. Wir bringen unser Glas dem Wohl des Kreises und dem Wohl der Eisenbahndirektion.

Landrat Springer - Cismar dankte von Hennings für die angenehmen Worte, sprach über die Schwierigkeiten, die das Zustandekommen der Bahn brachte, besonders die Eisenbahndirektion Altona hätte sich sehr verdient gemacht um unsere Bahn, darum ein Hoch auf diese.

Landrat Hansen - Tondern betrachtete die Einweihung als ein Fest fröhlichen Wiedersehens der alten Bekannten. Im Verlauf seiner Rede sagte er, daß der Herr Oberpräsident und der Herr Präsident Zummermann, welche anfangs auch kommen wollten, jedenfalls verhindert seien. Bei der landespolizeilichen Abnahme der Bahn seitens der Regierungsbauräte v. Hennings und Thomas seien Mängel nicht gefunden worden und beide Herren hätten erklärt, so etwas sei ihnen noch nicht vorgekommen. Die Rede klang aus in einem Hoch auf die Herren v. Hennings und Thomas.

Baurat Thomas entschuldigt zunächst den Oberpräsidenten v. Köller wegen des Fernbleibens und gesteht dann offen ein, daß er nicht erwartet hätte, die Bahn bereits soweit fertig zu finden, deshalb ein Hoch auf die Herren Ingenieure.

Baurat Heydorn feiert den Geh. Kommerzienrat Lenz in Stettin als Generalunternehmer des Bahnbaues und spricht ihm seinen Dank aus, indem er die Versammlung auffordert, mit ihm zu trinken auf das Wohl des Herrn Lenz.

Bürgermeister Lafrenz - Fehmarn: Die Fehmaraner werden zufrieden sein, wenn sie die Bahn so gut kriegen, wie Heiligenhafen sie gekriegt hat. Redner behauptet von den Heiligenhafenern, sie sind sehr rührig. Hier hebt sich die Fischerei, das Badewesen blüht auf zc. zc. Das Schlußwort der Rede lautete: Heiligenhafen wachse, blühe und gedeihe.

Bürgermeister Schetelig dankte für das Hoch auf Heiligenhafen und sagte weiter ungefähr folgendes: Heute sind unsere Wünsche erfüllt, die wir seit langer Zeit hegten; Heiligenhafen ging weiter und weiter zurück; mit dem heutigen Tage winkt uns eine bessere Zukunft, Handel und Gewerbe werden aufblühen, unsere Fischerei wird sich heben, auch das Badewesen wird an Umfang gewinnen. Wir sind der Direktion der Kreis Oldenburger Eisenbahn zu Dank verpflichtet; ich weihe darum mein Glas derselben.

Baurat Heydorn hielt hierauf die letzte offizielle Rede und erwähnte in derselben, daß auch Geheimrat Sartori - Kiel unter der Festgesellschaft weile. Infolge seiner Handelsbeziehungen und Schiffahrt, welche er auch mit Heiligenhafen unterhalte, wolle er nicht unterlassen, demselben ein Hoch zu bringen.

Geheimrat Sartori toastete auf Propst Martens - Neustadt. Ferner sprachen noch Stadtrat Burmeister und Baumeister Frauck. - Lemke - Bürau sprach über Gemeinsinn im deutschen Volke und erntete Beifall. - Propst Martens dankte für das Hoch, welches ihm gebracht und wünschte, daß die Bahn nicht nur für Heiligenhafen sondern für die ganze Landumgebung Segen bringe. - Es sprachen sodann noch Capsius - Gaarz, Schleth - Claustorf, Knape - Hamburg, Stadtrat a. D. Massmann - Heiligenhafen, Pastor a. D. Albert - Dazendorf, Landrat Springer - Cismar, Stadtrat Mumm - Oldenburg.

Um 4 Uhr verließ der Präsident Jungnickel die Versammlung und reiste mit Extrazug wieder ab; notwendige Geschäfte gaben die Veranlassung dazu.

Inzwischen erschienen die Arbeiter der Firma Knape und brachten mit ihrer engagierten Musikkapelle ein Ständchen; sie wurden darauf im Auftrage des Herrn Landrats in der Börse bewirtet.

- Die Dekoration im Reher´schen Saale hatte Gärtner Willer ausgeführt. Eine aus Blumen zc. künstlich hergestellte kleine Lokomotive erregte allgemeine Bewunderung. - Etwa um 8 Uhr rüsteten sich die Herren zu Abreise und unter Vorantritt der Musikkapelle und der hies. freiw. Feuerwehr, welche gleichzeitig einen Fackelzug veranstaltete, ging es zum Bahnhof. Nachdem hier noch Herr Baurat Heydorn eine Abschiedrede gehalten und der freiwilligen Feuerwehr seine Anerkennung ausgesprochen, rollte der Zug davon. Der Militärverein hielt hierauf auf Warteburg, die freiwillige Feuerwehr in der Börse einen Kommers ab und auch in den übrigen Wirtschaften ging es noch einige Stunden recht fröhlich zu.

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