Vogelfluglinie und Bundesbahn - Heiligenhafener Post 15.7.1958
at In der letzten Zeit sind von verschiedenen Seiten Stellungnahmen zur „Vogelfluglinie" abgegeben worden. Interessant dürfte es sein, einmal von Seiten der der Bundesbahn etwas über das geplante Großprojekt zu erfahren. Auch für Heiligenhafen sind dabei einige Aspekte wichtig, obwohl die Linienführung der Bahn unseren Ort nicht berührt.
Dabei dürfte es zunächst interessieren, daß die meisten Bediensteten der Bundesbahn nach Fertigstellung der neuen Bahnlinie bis Puttgarden noch weiter in Heiligenhafen wohnen bleiben werden. Vielleicht käme für einige als neuer Wohnort Burg in Frage. Für das seemännische Personal wird auch mit Puttgarden gerechnet. Puttgarden wird in den nächsten Jahren den gleichen Weg vom unbekannten Dorf zum weltbekannten Bahnhof und Fährhafen gehen, wie ihn Großenbrode einst beschreiten mußte. Und was wird nach 1964 aus Großenbrode? Nun, solange das gesamte Projekt der neuen Linienführung über Puttgarden nicht fertig ist, wird Großenbrode Kai weiterhin Angelpunkt des Skandinavien-Verkehrs bleiben.
Auch nach Fertigstellung von Straße und Bahnlinie wird Großenbrode am Puls der neuen Verkehrsader bleiben. Nördlich des Bahnhofes soll die eingleisige Strecke direkt nach Norden weitergeführt werden, um kurz danach mit dem Anstieg zur Sundbrücke zu beginnen. Auf der westlichen Seite des Dorfes wird die Straße wahrscheinlich auf einem flachen Damm über die kleine Bucht führen, um sich einige Kilometer hinter Großenbrode mit der Bahnlinie zu vereinen. In 20 Meter Breite wird es dann über die fast 900 Meter lange Brücke gehen. Große Dammaufschüttungen werden nötig sein, um die Sundbreite auf beiden Seiten zu verkürzen. Für die, Straße ist eine Breite: von 14 und für die Bahnlinie eine solche von 6 Metern vor-gesehen. Beide werden in etwa 30 m Höhe über den Sund führen, wobei die lichte, Höhe der Brücke vom Wasserspiegel aus 23 Meter betragen wird.
Für die Bauern dürfte es wichtig sein, zu hören, daß kein geringerer als Bundesminister Dr. Seebohm kürzlich erklärt haben soll, daß im Industriezeitalter nicht noch mehr Land verlorengehen dürfe. Straßenbau und Bundesbahn trachten danach, alle Härten zu vermeiden, die bei der Linienführung entstehen könnten. Es würden auch keine uferlosen Forderungen gestellt werden und Kulturland müsse weitgehend verschont bleiben.
Die Bundesbahn hält die Frage der Landbeschaffung für so wichtig, daß ein Sonderdezernat für die Beschaffung des erforderlichen Bodens eingerichtet wird. Das Dezernat wird in einigen Wochen zu arbeiten beginnen und dabei recht sorgfältig und sogar zurückhaltend die Wünsche der Bundesbahn den Landbesitzern vortragen.
Nachdem die finanziellen Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt wurden, kann an die Verwirklichung des Projektes gegangen werden. Die Vorbereitungen dafür laufen auf Hochtouren. Für den Bauplan der Sundbrücke soll allerdings noch ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben werden.
Im Frühjahr 1959 soll es richtig losgehen. Bis dah,in will man alle Einzelheiten geklärt und die Pläne bis ins kleinste Detail fertiggestellt haben.